Petra Sutor

Trauer am Arbeitsplatz

Sprachlosigkeit überwinden – Fürsorgepflicht wahrnehmen – Trauerkultur entwickeln

Patmos Verlag

Inhalt

Einleitung

1 Was ist eigentlich Trauer?

Lebenskrisen aller Art führen zu Trauer

Ausdrucksformen der Trauer

Trauerphasen und Traueraufgaben

Wie die Todesursache den Trauerprozess beeinflusst

Folgen unbearbeiteter Trauer

Spiritualität in der Trauer

Trauer braucht Zeit

Nach dem ersten Trauerjahr

Eigene Trauererfahrungen verstehen

2 Wenn die Trauer im Unternehmen ankommt

Fragen über Fragen

Damit aus Hilflosigkeit nicht Sprachlosigkeit wird

Was Trauernde brauchen

Kommunizieren im Trauerfall: Kondolenz, Nachrufe etc.

Den Abschied gestalten

Der Arbeitsplatz und die persönlichen Dinge des Verstorbenen

Sonderurlaub und Wiedereingliederung

3 Trauerbegleitung als Teil der Unternehmenskultur etablieren

Vom Nutzen einer guten Trauerkultur im Unternehmen

Strukturen und Persönlichkeit –
beides ist wichtig

Einen Krisenplan oder eine Betriebsvereinbarung erstellen

4 Besondere Trauersituationen

Schwer kranke Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begleiten

Wenn der Tod am Arbeitsplatz eintritt

Pflegesituationen und vorgezogene Trauer

Tod durch Suizid

Trauer um ein ungeborenes oder neugeborenes Kind

Trauernde Führungskräfte

5 Kulturelle und religiöse Unterschiede

Wir trauern individuell und kontextabhängig

Sterben und Trauern im Christentum

Sterben und Trauern im Islam

Sterben und Trauern im Judentum

Sterben und Trauern im Buddhismus

Sterben und Trauern im Hinduismus

6 Das Wichtigste in Kürze


Literaturempfehlungen

Adressen und Internetlinks

Dank



Über die Autorin

Über das Buch

Impressum

Hinweise des Verlags

Einleitung

Ein Mitarbeiter sackt plötzlich am Schreibtisch zusammen: Herzinfarkt. Jede Hilfe kommt zu spät. Die Kollegin, die vor einiger Zeit mit vielen Glückwünschen in den Mutterschutz verabschiedet wurde, kommt als Trauernde zurück an den Arbeitsplatz: Ihr Kind starb kurz nach der Geburt. Der ansonsten zuverlässige und immer freundliche Projektleiter wirkt zunehmend unkonzentriert und cholerisch: Die Trauer um seine vor einigen Wochen verstorbene Frau nimmt ihn mehr mit, als er es wahrhaben will.

Und dann erlebe ich Reaktionen wie die einer Personalreferentin, die sagte: »Trauerthemen gibt es bei uns im Unternehmen nicht. Das machen die Leute mit sich selbst aus. Das ist ja auch Privatsache.« Der Gründer eines Start-up-Unternehmens mit vielen jungen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zwischen 20 und 30 meinte einmal lachend zu mir: »Frau Sutor, bei uns stirbt doch keiner!« Ein Jahr später verunglückte eine Mitarbeiterin bei einem Autounfall tödlich. Alle waren hilflos und zutiefst geschockt. Arbeiten war unmöglich, zumal die jungen Kolleginnen und Kollegen auch die Freizeit überwiegend miteinander verbracht hatten und deshalb persönlich eng mit der Verstorbenen verbunden waren. Der Gesprächsbedarf war extrem hoch, gerade weil viele dieser jungen Menschen bisher noch kaum oder überhaupt nicht mit dem Tod konfrontiert worden sind.

Sterben, Tod und Trauer nehmen sich in solchen Fällen plötzlich Raum im Unternehmensalltag und der vorher gut organisierte Ablauf hat auf einmal eine »Schwachstelle«, denn Trauernde können oft nicht mehr wie gewohnt weiterarbeiten. Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzte haben häufig Schwierigkeiten, mit der Situation angemessen umzugehen, und eine interne, professionelle Anlaufstelle fehlt meistens. Aber der Arbeitsalltag muss ja irgendwie weitergehen, weil sich Unternehmen langfristige Ausfälle in der Regel weder leisten können noch wollen.

Angesichts der Tatsache, dass in Deutschland durchschnittlich jährlich etwa 900.000 Menschen sterben, davon ca. 140.000 im berufsfähigen Alter, wäre es für Arbeitgeber und Vorgesetzte fatal, das Thema Trauer am Arbeitsplatz zu ignorieren. In dieser Zahl nicht enthalten ist übrigens die große Anzahl an Fehlgeburten. Auf jede Geburt kommt etwa eine Fehlgeburt, das sind somit ungefähr 180.000 bis 200.000 Fehl- und Totgeburten pro Jahr. Alle diese Paare sind auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen Verlust erleiden und um ihr Kind trauern.

Dass der Tod auch zu Ihrem Unternehmensalltag gehört ist also höchst wahrscheinlich und gleichzeitig – auf emotionaler und individueller Ebene – eine völlige Ausnahmesituation. Fragen wie zum Beispiel »Wie gehe ich mit dem trauernden Kollegen in meinem Team um?« oder »Darf ich überhaupt fragen, wie es ihr geht?« und »Wie lange dauert die Trauer eigentlich?« stellen sich fast immer.

Stirbt ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin während der Arbeitszeit oder nimmt sich selbst das Leben, sind die Auswirkungen auf das ganze Team besonders einschneidend. Die Kolleginnen und Kollegen sind meist sprachlos und tief betroffen, möglicherweise stehen sogar Schuldfragen im Raum. Vorgesetzte sind in Situationen wie diesen gefordert, schnell zu reagieren und angemessene Kriseninterventionen einzuleiten. Ein normaler Arbeitsalltag ist in der ersten Zeit kaum möglich und viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen auch noch nach Feierabend schwer an der Situation.

Wenn wir den Blick auf diejenigen werfen, die einen privaten Todesfall betrauern, sieht es selbstverständlich nicht besser aus: Regelmäßig höre ich von trauernden Menschen, wie sehr sie sich gerade im beruflichen Kontext im Stich gelassen fühlen. Hier zählen Produktivität, Ergebnisse, Zahlen – genau das Gegenteil dessen also, was bei Trauernden im Fokus steht. Denn diese befinden sich sowohl psychisch als auch physisch im Ausnahmezustand. Es gilt, sich darüber bewusst zu sein, dass in dem Moment, in dem belastete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Unternehmen betreten, die Fürsorgepflicht eines jeden Arbeitgebers greifen sollte. Und es ist für die Beschäftigten entlastend zu wissen, dass im Krisenfall die Organisation einer Personalabteilung funktioniert und es jemanden gibt, der weiß, was zu tun ist.

Wenn jemand aus dem Unternehmen oder nahe Angehörige eines Mitarbeiters sterben, beobachten die Kolleginnen und Kollegen sehr genau, was passiert: ob das Thema unterstützend und verständnisvoll aufgegriffen wird oder ob das Unternehmen direkt wieder zur Tagesordnung übergeht. Die Frage »Was würde passieren, wenn ich morgen sterbe?«, schwingt unterbewusst immer mit. Wie menschlich ist mein Unternehmen? Bin ich hier nur eine Nummer oder werde ich wertgeschätzt? Werde ich mit meiner Trauer gesehen?

Häufig wird ein ganz grundlegender Aspekt vergessen: Wenn Sie sich als Führungskraft gut um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern, die sich in einer schwierigen Lebensphase befinden, verstärkt sich die Bindung zu Ihnen als Arbeitgeber in der Regel um ein Vielfaches und es wächst langfristig die Bereitschaft, umgekehrt genauso für das Unternehmen einzustehen. Wenn Sie sich überhaupt nicht kümmern, kann genau das Gegenteil eintreten und Sie verlieren möglicherweise Ihren Mitarbeiter, weil dieser – zu Recht – ein Mindestmaß an Empathie von Ihnen und dem Team erwartet, dies aber nicht erfahren hat.

Werden Menschen mit dem Tod und der Trauer anderer konfrontiert, triggert dies in irgendeiner Form immer auch die eigenen Trauererfahrungen an. Bei manchen mehr, bei anderen weniger, je nachdem, wie gut die eigene, alte Trauer verarbeitet ist. Sehr häufig erlebe ich, dass Menschen emotional schwer belastet sind, obwohl sie mit dem verstorbenen Kollegen gar nicht im direkten Kontakt standen. Es werden Trauerreaktionen sichtbar, die auf den ersten Blick überhaupt nicht zu erklären sind. Die Erklärung ist: eigene, vielleicht schon vergessene oder verdrängte Trauererfahrungen werden berührt und kommen wieder zum Vorschein. Wenn Sie sich als Führungskraft oder Personalverantwortliche mit dem Thema Trauer beschäftigen, ist es deshalb ausgesprochen hilfreich, zunächst zu verstehen, welche Haltung Sie selbst gegenüber den Themen Sterben und Tod einnehmen, welche Erfahrungen Sie in Ihrem Leben mit Trauer gemacht und wie diese Sie geprägt haben.

Menschen verbringen oft mehr Zeit in der Firma als zu Hause mit dem Partner, der Partnerin, den Kindern oder im Freundeskreis. Manchmal arbeiten Kolleginnen und Kollegen Jahrzehnte im gleichen Büro zusammen. In Beratungsunternehmen zum Beispiel, wo kleine Teams oft die ganze Woche über beim Kunden vor Ort sind, entstehen enge und persönliche Beziehungen. Genauso in der Hotellerie und in sozialen Einrichtungen, wo Kolleginnen und Kollegen auch Feiertage und Nachtschichten zusammen verbringen. Wenn hier eine nahe Angehörige oder ein Kollege stirbt, ist das ganze Team massiv belastet und man tut gut daran, für Gesprächsangebote und organisatorische Unterstützung zu sorgen.

Der Arbeitgeber hat selbstverständlich ein Interesse daran, die Abläufe und Arbeitsergebnisse so schnell wie möglich wieder in gewohnte Bahnen zu lenken. Doch trauernde Menschen sind oft nicht mehr in der Lage, ihre Arbeit wie gewohnt zu erledigen. Hier kommt die Leitungs- und Steuerungsfunktion der Führungskräfte ins Spiel, die dafür Sorge tragen müssen, das gesamte System zu entlasten. Denn Kolleginnen und Kollegen können die Aufgaben des Trauernden nur eine gewisse Zeit und in gewissem Umfang übernehmen, wenn dessen Leistungsfähigkeit für kurze oder längere Zeit massiv eingeschränkt ist, er große Konzentrationsschwierigkeiten hat und eventuell auch für längere Zeit krankgeschrieben wird oder immer wieder ausfällt. Und genau deshalb ist Trauer eben keine Privatsache, sondern beeinflusst maßgeblich alle weiteren Lebens- und Arbeitsbereiche.

Dennoch fragen Sie sich vielleicht: Müsste Trauerarbeit nicht in der Familie und im Freundeskreis stattfinden? Ja und nein: Noch vor wenigen Jahrzehnten waren Familien relativ stabile Systeme: Eltern, Großeltern und Geschwister wohnten an einem Ort oder in einer Region. Starb ein Familienmitglied, rückte die Familie zusammen. Rituale gaben Halt und man unterstützte sich so gut es ging gegenseitig. Heute wohnen Familienmitglieder, nicht zuletzt aus beruflichen Gründen, oft weit voneinander entfernt, Familienstrukturen werden instabiler und verändern sich schneller. Im Trauerfall treten deshalb oft Freundinnen und Freunde an die Stelle der Familie, doch auch diese sind beruflich und familiär stark eingespannt. Dies führt dazu, dass Trauernde sich nach wenigen Wochen, wenn für Außenstehende die akute Phase der Trauer vorbei ist, oft einsam und zu wenig aufgefangen fühlen. Manchmal werden durch diese Einsamkeit Trauerprozesse deutlich erschwert. Und damit schließt sich der Kreis, denn, wie schon gesagt, beeinflusst die Trauer oft massiv die Arbeitsleistung des einzelnen Mitarbeiters.

Wir tun also gut daran, uns zu fragen, wie Trauernde auch von Unternehmensseite im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten unterstützt werden können. Zum einen, um die Menschen mit ihrer Trauer zu sehen und der eigenen Fürsorgepflicht nachzukommen, und zum anderen, um den Trauerprozess nicht unnötig zu erschweren und damit möglicherweise einen noch längeren Arbeitsausfall in Kauf nehmen zu müssen, der am Ende betriebswirtschaftliche Folgen für das Unternehmen hat. Die Kosten der durch Trauer hervorgerufenen Produktivitätsausfälle für Unternehmen schätzt man in den USA beispielsweise auf jährlich 75 Millionen Dollar.1

Angesichts des demografischen Wandels, der immer längere Lebensarbeitszeiten und einen zunehmenden Pflegebedarf von Angehörigen mit sich bringt, wird auch die Frage nach der Fürsorgepflicht für die psychische Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer dringlicher. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels darf zudem die Notwendigkeit, Arbeitskräfte auch langfristig ans Unternehmen zu binden, nicht unterschätzt werden. Und hierzu gehört eben auch eine menschliche und professionelle Begleitung in Krisenzeiten, die die Grundlage dafür schafft, dass Menschen überhaupt arbeitsfähig bleiben.

Ich bin seit über 20 Jahren als Marketing Managerin in einem internationalen Konzern und in der Zusammenarbeit mit verschiedensten Unternehmen tätig. Gleichzeitig arbeite ich als Business- und Familien-Coach sowie als Sterbe- und Trauerbegleiterin. Meine Erfahrungen in beiden Welten zeigen mir, wie wichtig es ist, dass Unterstützungsmöglichkeiten und Strukturen nicht erst im Krisenfall geboren werden. In meinen Einzelbegleitungen und in meiner Trauergruppe erlebe ich immer wieder Menschen, deren Trauerprozess deutlich leichter wäre, wenn Arbeitgeber und Kollegen achtsamer mit dieser für alle Beteiligten herausfordernden Situation umgehen würden. Und gleichzeitig begegne ich in meinen Seminaren und Schulungen hilflosen, unsicheren und überforderten Personalverantwortlichen und Führungskräften, die nicht wissen, wie sie auf die Trauer von Kolleginnen und Kollegen reagieren sollen.

Mit diesem Buch helfe ich Ihnen, mit der Trauer innerhalb Ihres Unternehmens individuell und angemessen umzugehen. Ganz gleich, ob Sie Vorgesetzte, Personaler oder Betriebsratsmitglied sind. Wenn Sie zum Beispiel wissen, wie Trauerprozesse ablaufen, können Sie viele Blockaden abbauen und so die Sprachlosigkeit, die viele Trauernde zusätzlich belastet, überwinden.

Sie finden übersichtlich und schnell Hintergrundwissen und praktische Tipps, die Sie dabei unterstützen, Menschen in Krisensituationen besser abzuholen. In Kapitel 1 erfahren Sie Grundlegendes darüber, was Trauer eigentlich ist und wie ein Trauerprozess (in der Regel) abläuft.

Kapitel 2 geht darauf ein, welche konkreten Schritte zu tun sind, wenn Sie in Ihrem Unternehmen mit Tod und Trauer konfrontiert werden. Sie erfahren beispielsweise, wie Sie angemessen kondolieren, wie Sie eine Abschiedsfeier gestalten können und wie der Wiedereinstieg trauernder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser gelingt.

Kapitel 3 erläutert, welchen Nutzen Trauerbegleitung als Teil der Unternehmenskultur hat, und unterstützt Sie dabei, in Ihrem Unternehmen präventiv Strukturen zu schaffen, die im Ernstfall schnell greifen.

Kapitel 4 behandelt die Erfordernisse bei spezifischen Umständen, etwa bei der Trauer nach einer Fehlgeburt, wenn ein Mitarbeiter durch Suizid verstirbt oder wenn Führungskräfte trauern.

Kapitel 5 beleuchtet kulturelle und religiöse Unterschiede der Trauer. Denn in einer zunehmend globalisierten Welt, in der Menschen aus verschiedenen Kulturen und mit unterschiedlichen religiösen Bekenntnissen zusammenarbeiten, müssen diese Hintergründe unbedingt berücksichtigt werden.

Am Ende des Buches finden Sie eine Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte sowie hilfreiche Adressen und Literaturempfehlungen.

Dieses Buch ist so konzipiert, dass Sie schnelle und konkrete Antworten auf Ihre Fragen finden können, auch wenn Sie wenig Zeit haben. Gerne möchte ich Ihnen mit diesem Ratgeber helfen, die Angst und Unsicherheit vor den Themen Tod und Sterben abzulegen. Es hat sein Ziel erreicht, wenn Sie sich nach der Lektüre sicherer und ohne Angst mit dem Thema Tod und Trauer beschäftigen können.

Herzlichst,

Ihre Petra Sutor

1 Was ist eigentlich Trauer?

Lebenskrisen aller Art führen zu Trauer

Trauer entsteht nach dem Tod eines geliebten Menschen, nach Trennungen von Partner oder Partnerin oder ausgelöst durch tief greifende Lebenseinschnitte, wie z. B. eine schwere körperliche Beeinträchtigung.

Verlusterfahrungen sind vielfältig

Abschiede sind Verlusterfahrungen und begleiten uns durch das ganze Leben. Der Verlust des Stofftieres, der Wegzug des besten Freundes, die Trennung der Eltern, der Umzug aus dem gewohnten Zuhause, der Übergang vom Kindergarten in die Schule. Auch ein Jobwechsel, eine Kündigung und der Auszug der Kinder kann Trauer auslösen. Ebenso finden beim Eintritt in den Ruhestand häufig langwierige Trauer- und Anpassungsprozesse statt. Bei Frauen sind es häufig Fehlgeburten, seltener auch Abtreibungen, die zwar nicht öffentlich sichtbar sind, aber natürlich trotzdem nachhaltige Spuren hinterlassen können. Aber auch ungewollte Kinderlosigkeit kann zu massiven psychischen Belastungen führen, die mit langwieriger Trauer einhergehen. Egal, welche Ursache der Trauer zugrunde liegt: Die Intensität der Trauer kann nicht in feste Schubladen gepresst werden. Trauer ist individuell, auch in ihrer Schwere. So verschieden wir Menschen sind, so unterschiedlich trauern wir, nach innen und nach außen.

Trauerprozesse unterscheiden sich zudem nach der Art des Todesfalles: ob es ein Suizid war, ob ein Kind oder die Eltern sterben, ob es ein vorhersehbarer Tod war oder ob jemand einen überraschenden Sterbefall zu betrauern hat. Auch der Tod des geliebten Tieres kann große Trauer auslösen, denn Tiere sind heute oft feste Familienmitglieder, die den gleichen Stellenwert wie das eigene Kind haben können.

Trauer ist Ausdruck der Liebe und der Verbindung zu einem Menschen. Deshalb ist Trauer auch nichts Schlechtes – sie ist einfach die Reaktion auf den Verlust von etwas oder jemandem, das uns sehr wichtig war oder den wir sehr geliebt haben.

Trauer will verstanden werden

Nicht nur akute Trauer kann zu einer großen Belastung werden – oft sind es auch unbearbeitete, verschüttete Trauerthemen, die uns einholen. Denn nur, wenn wir die Trauer durchleben, wird sie zu einem bewältigten Abschnitt in unserem Leben. Im besten Fall öffnen sich völlig neue Türen und Perspektiven.

Um zu verstehen, was Trauer eigentlich ist und warum es so wichtig ist, sich damit zu befassen, um Menschen gut begleiten zu können, ist es hilfreich, einen genaueren Blick auf die Ausdrucksformen der Trauer, auf Trauerprozesse und Traueraufgaben zu werfen, durch die ein Mensch geht, der einen großen Verlust erlitten hat. Diese Prozesse sind ganz normal und notwendig, um den Verlust in der Zukunft ins Leben integrieren zu können.